„Im Oktober 2016 landete ein Raumschiff auf dem Dach der Bundeskunsthalle.
Das war ein seltsames Gefühl.
Ich wusste nicht, was passiert.“
So beginnt das Grusswort von Rein Wolf, dem Intendanten der Bundeskunsthalle in Bonn. Es leitet den Katalog zur Ausstellung „Touchdown – die Geschichte des Down-Syndroms“ ein.
Die Ausstellung folgt dem Storytelling-Ansatz. Sie erzählt die Geschichte des Down-Syndroms. Sie präsentiert Zeugnisse aus verschiedensten Kulturen und Epochen, die auf Menschen mit Down-Syndrom verweisen. Sie wurde von Menschen mit und ohne Down-Syndrom erstellt.
Die Ausstellung ist umfangreich. Es gibt sehr viele Fotos, Videos, Alltagsgegenstände, Dokumente, Kunstwerke, archäologische Funde und historische Gemälde. Und: Es gibt sehr viele erläuternde Texttafeln, die gelesen werden wollen.
Umfangreiche Ausstellungen sind anstrengend. Normalerweise.
Ja, wie gehen Sie denn mit diesen Texttafeln um? Lesen Sie sie? Ignorieren Sie sie? Oder lassen Sie sich zunächst vollkommen auf den Ausstellungsgegenstand ein? Blenden die schriftlichen Informationen aus?
Mich ziehen Texte magnetisch an. Ich muss lesen. Das macht schlau, aber auch müde. Die Augen brennen. Der Kopf ist voll.
„Wo bitte geht´s zum Museums-Café?“
Doch jetzt das Wunder: Die Ausstellung Touchdown ist anders! Du liest und guckst, und guckst und liest. Sieben Räume. Knallvoll mit Objekten und TEXTTEXTTEXT. Bis zur Decke hoch. Doch ich bin geistig noch voll da. Keine Erschöpfung nirgends. Und ich bin nicht allein: Meiner Begleitung und allen anderen, die ich anspreche, ergeht es ähnlich.
Hallo, wie kann das sein? Wie kann eine dermaßen überbordende Ausstellung so wenig auslaugen, ermüden, platt machen?!
Nein, wir haben auch keine Drogen genommen. Und ja, die Themen sind zum Teil hochwissenschaftlich und inhaltlich herausfordernd. Woran liegt es also?
Kurz und bündig: An der Art der Texte. Ich zitiere:
„John Langdon Down war der Erste, der sie beschrieben hat: Menschen mit Down-Syndrom.
Nach ihm wurden sie benannt.
Erst lange nach seinem Tod.
Etwa im Jahr 1960.
John Langdon Down war Arzt.
Er war ein besonderer Mensch.
Er war ein Gentleman.
Er war sehr klug.
Er hatte viele neue Ideen.
Er hatte ein großes Herz.
(…)“
„Gentleman
Ein Gentleman ist vornehm und zurückhaltend. Er ist zärtlich, liebevoll und charmant zugleich. Er redet sachlich und benimmt sich gut. Er trägt Anzug und Krawatte, geht immer in ein vornehmes Restaurant und hat auch noch viel Geld.“
Die Sprache ist anders. Sie ist einfach. Sie ist klar. Eingängig. Verständlich. Fokusiert. Genau so, wie wir es uns für unsere E-Learning Texte wünschen!
Der Fachbegriff für diese Art von Sprache lautet: „Klare Sprache“.
Ich erweitere: Angenehme, leser- und lernerfreundliche, ja, menschenfreundliche Sprache! Letztlich also Sprache, die nicht ausgegrenzt, die sich darum bemüht, dass jeder sie versteht. Die Klare Sprache gehört zu den sogenannten „Barrierefreien Sprachen“.
Das Touchdown-Team erklärt, was klare Sprache ist:
„Klare Sprache ist leicht verständlich.
Jede und jeder kann sie verstehen.
Menschen mit und ohne Behinderung.
Menschen mit mehr oder weniger Deutsch-Kenntnissen.
Klare Sprache ist ein vereinfachtes Deutsch.
Trotzdem ist es korrektes Deutsch.“
Und sie bemerken:
„Klare Sprache fragt nicht danach, wer etwas nicht versteht oder warum.
Man kann auch sagen: Sie richtet sich nicht nach dem Defizit.
Klar-Text ist für alle angenehm.“
Hervorgegangen ist die Ausstellung aus dem Forschungsprojekt TOUCHDOWN 21. In dem Projekt erforschen Menschen mit und ohne Down-Syndrom die Trisomie 21. Das Projekt zeigt, wie Inklusion in der Wissenschaft funktionieren kann. Und wie wichtig dabei die Klare Sprache ist.
So erläutert die Initiatorin des Projekts, die Humangenetikern Dr. Katja de Bragança: „Forscher, die bei unserem Projekt mitmachen wollen, müssen in der Lage sein, ihre Arbeit in verständlicher Sprache zu erklären.“
Wäre das nicht der Traumstart jedes E-Learning Projekts: Die Fachexperten erläutern ihr Spezialwissen, in verständlicher Sprache? Oder ist und bleibt dies die orginäre Aufgabe der E-Learning-Autoren? Was meinen Sie?
Falls Sie nun auch klarer schreiben wollen, egal ob E-Mail oder WhatsApp-Nachricht, Brief oder Tweet, E-Learning-Text oder Reisebericht. Wie das geht, erfahren Sie im nächsten Beitrag!
Quellen:
- Katalog und Website: www.touchdown21.info/de/startseite/index.html
- Interview: www.land-der-ideen.de/presse/meldungen/werkstattarbeit-ist-nicht-einzige-option